Die Frankfurter Buchmesse ist das Jahres-Highlight der Buchbranche. Aber in diesem Jahr hinterlässt das internationale Buchfestival einen faden Beigeschmack. Besonders bei Leser:innen und Autor:innen von Unterhaltungsliteratur. Diese Kritik an der Buchmesse setzt sich aus Berichten der Aussteller:innen und meinen Erfahrungen auf der Messe zusammen.

Eigentlich hätte es ein grandioser Erfolg sein können. Etwa 215 000 Besucher meldet die Frankfurter Buchmesse, damit übrigens 35 000 mehr Besucher als noch im Vorjahr. Ein tolles Zeichen für das Medium Buch, auch wenn es immer noch weniger Menschen waren als vor dem Beginn der Pandemie. (Davon abgesehen, dass durch die politische Situation noch kurzfristig Aussteller und Besucher aus muslimischen Ländern abgesagt hatten).

Herausforderung nicht durch die Besucherzahl, sondern durch die Konzentration auf Halle 3

Aber die Herausforderung liegt nicht an der absoluten Zahl der Besucher, sondern an der Verlagerung.

Schon wie im vergangenen Jahr konzentrierten sich die Massen auf Halle 3.0. Und am Sonnabend nahm das extreme Ausmaße an. Schon zum Start um 9 Uhr standen hier die Menschen an den Publikumsmagneten, wie der Bücherbüchse, dem Droemer-Knaur-Stand und Wondaversum-Stand an.

Aussteller:innen sprechen von „Platzangst“ und haben es schwer nach Toiletten-Pausen wieder zu ihrem Stand zu gelangen. Teilweise wird vom aggressiven Verhalten einiger weniger Besucher erzählt, die oft über Stunden für ein Autogramm ihrer Lieblingsautor:innen anstehen.

Mindestens eine Frau wird schlapp aus der Menge herausgetragen, während ihr und den Helfer:innen der Weg versperrt wird. Die Angst seinen Platz in der Schlange zu verlieren, ist groß. Die Nerven liegen blank. Auch von einer Prügelei wird erzählt. Den Krankenwagen habe ich vier Mal auf dem Gelände im Einsatz gesehen. Dass die Situation nicht eskaliert ist, sehe ich als Glücksfall. Eine Panik hätte hier dramatische Auswirkungen haben können.

Reaktion der Buchmesse auf Kritik: „Die Sicherheit war jederzeit gewährleistet“

Nach dem der Instagram-Kanal der Frankfurter Buchmesse von einem grandiosen Samstag spricht, wird Kritik in der Community laut. Teilweise wird hier verlangt, weniger Tickets zu verkaufen.

Die Frankfurter Buchmesse reagiert auf Kritik per Instagram.

Wie konnte es dazu kommen: Die Buchmesse unterschätzt die Entwicklung in der Buchbranche

Was ich nun schreibe, ist komplett meine Einschätzung der Situation. Die Frankfurter Buchmesse ist wie das LinkedIn der Buchbranche. Es ging hier schon immer um Business: Lizenzen, hohe Preise, Weiterbildung und Vernetzung. Aber durch diese etablierte Position scheinen die Veranstalter:innen die Bedeutung der Genre-Literatur zu unterschätzen. Natürlich wird die Rolle erkannt. Das sieht man schon durch Podiumsdiskussionen, in denen es darum geht, wie man die „junge Generation“ der Leser:innen erreicht. Auch die Bedeutung von Booktok hat maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Buchmesse. Das sah man 2022 schon an der Booktok-Bühne und in diesem Jahr an der Preisverleihung des Tiktok Book Awards.

Kritik: Buchmesse hat mit dem Hype nicht gerechnet

Es sind aber nicht nur die neuen Marketing-Wege. Es gibt einen Hype, was bestimmte Bücher und Autor:innen angeht. Und ein Hype bedeutet, dass es leidenschaftliche Fans gibt. Und diese Superstars der Buchbranche, bringt Menschen dazu, sich leidenschaftlich dafür einzusetzen, eine Unterschrift, ein Foto und ein kurzes Gespräch zu bekommen. Beste Beispiele sind in diesem Jahr Sebastian Fitzek, Jane S. Wondas „Very Bad Kings“ oder Marah Woolf. Nicht vorzustellen, wenn Colleen Hoover auf der Messe aufgetaucht wäre, deren Bücher fast uneingeschränkt auf Plattformen wie Tiktok gehyped werden.

Das ist eigentlich eine schöne Entwicklung: Junge Menschen lesen. Aber diese Entwicklung bedeutet, dass man die bisherige Einteilung der Hallen neu überdenken sollte. All diese Hype-Themen in eine Halle zu sperren und das beste zu hoffen, ist keine Lösung mehr.

Es bleibt also nur zu hoffen, dass hier wirklich die Organisation überdacht wird. Denn ich denke nicht, dass es hier nur um das „subjektive Sicherheits-Empfinden“ ging, sondern dass hier die Frankfurter Buchmesse mit einem blauen Auge davon gekommen ist.

Frankfurter Buchmesse in Zahlen
215.000 Buchliebhaber haben dieses Jahr den Weg zur Frankfurter Buchmesse gefunden. Davon etwa 110.000 private Besucher. Damit zieht die Messe vor allem wieder mehr Privatleute an.

4.000 Aussteller aus 95 Ländern waren vor Ort, um ihre neuesten Werke zu präsentieren.
Obwohl die Besucherzahlen gegenüber dem letzten Jahr gestiegen sind, hinken sie den Zahlen von 2019 hinterher, als mehr als 300.000 Bücherfans die Messe besuchten.

Die nächste Ausgabe der Buchmesse ist für den Zeitraum vom 16. bis 20. Oktober 2024 angesetzt, mit Italien als Ehrengast, das kürzlich die Gastland-Rolle übernommen hat.

Quelle: Hessenschau
Kritik an der Frankfurter Buchmesse: Überfüllte Halle 3, schlechte Organisation und fehlende Sicherheit?